OVG Sachsen-Anhalt verkürzt den Anspruch auf gerichtliche Zulassung von Bildungsinländern ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Mit Beschluss vom 24.03.2014 (Az. 3 M 66/14) bestätigte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg eine Entscheidung des VG Halle, das einen Eilantrag einer russischen Staatsangehörigen auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin abgelehnt hat.

Hintergrund der Entscheidung ist folgender:

Art. 12 Abs. 1 GG, der in der als reines Deutschengrundrecht ausgestaltet ist, bildet die Grundlage für den so genannten Kapazitätsüberprüfungsanspruch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Darüber hinaus sehen einige Landesverfassungen ein Grundrecht auf Zugang zu Bildungseinrichtungen auch für ausländische Staatsengehörige vor.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2011 entschied das Oberverwaltungsgericht in einem von uns geführten Verfahren, dass aufgrund Art. 25 Landesverfassung Sachsen-Anhalt Ausländer nicht grundsätzlich von der Geltendmachung außerkapazitärer Ansprüche ausgeschlossen werden dürfen.

Im nunmehr entschiedenen Verfahren, an dem wir nicht beteiligt waren, standen wesentlich weniger Studienplätze zur Verfügung, als es gerichtliche Antragsteller gab. Daher beanstandete das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht. Eine Gleichbehandlung von Bildungsinländern sei gemäß dem Staatsvertrag zur Vergabe von Studienplätzen und der einschlägigen Studienplatzvergabeverordnung lediglich im regulären Vergabeverfahren gegeben. Dieses Argument überzeugt nicht. Eine Beschränkung durch die Studienplatzvergabeverordnung auf die Vergabe „innerkapazitärer“ Plätze findet gerade nicht statt. Die Studienplatzvergabeverordnung regelt auch die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze. Daher wäre eine Gleichbehandlung von Bildungsinländern bereits nach einfachem Recht geboten gewesen.

Auf der Ebene der kollidierenden Grundrechtsnormen geht das OVG davon aus, dass Bundesrecht entgegenstehendes Landesrecht breche (Art. 31 GG). Eine Bildung von Quoten für Bildungsinländer sei nicht veranlasst. Richtig ist, dass jede Erweiterung des Kreises der Antragsteller die Zulassungschancen verringert. Jedoch ist eine Gleichbehandlung unserer Auffassung nach verordnungsrechtlich geboten. Außerdem liegt gerade keine Kollision vor. Vielmehr erweitert die Landesverfassung Sachsen-Anhalt den Kreis der Anspruchsberechtigten lediglich. Auch können sich ausländische Staatsangehörige auf das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG berufen.

Nicht betroffen von der Entscheidung des OVG Magdeburg sind EU Staatsangehörige. Diese können sich auf den europarechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen und nehmen weiter an gerichtlich angeordneten Vergaberfahren teil.

Weiterhin können Bildungsinländer in Sachsen-Anhalt auf Zulassung in allen Studiengängen klagen, in denen es voraussichtlich mehr freie Studienplätze als Antragsteller gibt.

Eine Einschränkung des „Klagerechts“ von ausländischen Staatsangehörigen erfolgt daher nach gegenwärtiger Rechtsprechung in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie z.T. in Berlin.

Über unsere Landesverfassungsbeschwerde im Land Thüringen, das die Frage der Vereinbarkeit des Ausschlusses ganzer Bewerbergruppen, wie „Zweitstudienbewerber“ und „Ausländer“ von einem gerichtlich angeordneten Vergabeverfahren mit der Thüringer Verfassung problematisiert, hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof noch nicht entschieden.